Graue Schwester
* 9. Februar 1905 Königlich Dombrowka (Kr. Oppeln)
† 20. Februar 1945 Sorau
Am 9.2.1905 im oberschlesischen Königlich Dombrowka im Kreis Oppeln geboren, trat Julie Kubitzki am 31.7.1929 in die Kongregation der Schwestern von der hl. Elisabeth ein. Nach der Postulatszeit wurde sie am 23.4.1930 in das Noviziat aufgenommen. Am 28.4.1931 legte sie ihre erste Profeß ab; am Hochfest der hll. Petrus und Paulus 1936 folgte die ewige Profeß.
Über die Verteidigung ihrer gottgeweihten Jungfräulichkeit und ihr Martyrium liegt ein Augenzeugenbericht von Sr. Oberin M. Pankratia Gärtner vor: „Am 13. Februar 1945 ist der Russe in Sorau eingezogen. Die ganze Klaus-Pape-Straße mit dem Ziegeleiweg, in der unser Schwesternhaus sich befand, mußte von Deutschen geräumt werden. Wir wurden über Nacht in einem Gasthaus eingepfercht, das dauernd von der deutschen Artillerie beschossen wurde. In der Nacht holten sich hier die Russen ihre Opfer heraus. Am nächsten Morgen um 9 Uhr wurden die Frauen entlassen, die Männer mußten bleiben und wurden abtransportiert. Unser Schwesternhaus wurde von den Russen von dem Tage an besetzt, und wir mußten alles stehen und liegen lassen.
Da das Pfarrhaus durch das Wohlwollen eines Russen nicht geräumt zu werden brauchte, fanden wir im Pfarrhaus unsere Unterkunft und blieben dort ungefähr zwei Jahre. Das Haus durfte nicht verschlossen werden; so hatten die Russen zu allen Zeiten freien Zutritt. Die Kirche war geschlossen, so daß wir im Pfarrhaus ein Zimmer als Kapelle einrichteten. In der Nacht vom 17. zum 18. Februar wurden drei Schwestern und einige Mädchen abgeholt und nach der Sommerfelderstraße verschleppt. Erst gegen 4 Uhr morgens wurden sie entlassen. Der 20. Februar brachte den Höhepunkt unserer schrecklichen Erlebnisse. Ich war den ganzen Tag über in einer kleinen Stube, wo nur wir Schwestern uns aufhielten und ein Fräulein. Schwester M. Veronika Hoffmann lag unter dem Sofa [aus Angst vor den Russen], und Schwester M. Edelburgis saß auf dem Sofa. Gegen 10.30 Uhr ging ich nach unten in das als Kapelle eingerichtete Zimmer und bat Schwester M. Juliana Drapatz, die in der Kapelle saß, sie möchte doch hinaufgehen, damit die Schwestern nicht allein seien; ich wollte etwas besorgen. Die Schwester ging hinauf. Es waren noch nicht fünf Minuten vergangen, als ich Scheibeneinschlag und Schüsse hörte. Ich ging sofort zur Tür, doch unten war nichts zu sehen. Gleich darauf kam jemand gelaufen und sagte: ,Sie haben oben eine Schwester erschossen.‘ Wir gingen hinauf. Schwester M. Edelburgis hatte einen Schläfenschuß bekommen und war bald darauf tot. Schwester M. Juliana, die neben Schwester M. Edelburgis gesessen hatte, bekam einen Steckschuß in den Rücken; die unter dem Sofa liegende Schwester M. Veronika erhielt einen Oberschenkelschuß. Der Geistliche spendete noch der sterbenden Schwester M. Edelburgis die heilige Ölung. Die Leiche ließen wir drei Tage im Zimmer liegen. Wir wollten uns dadurch die Russen fernhalten. Ich mußte dann gleich an das Verbinden der beiden Schwestern gehen, weil sie sehr bluteten. Da wir aber vor den Russen wenig Ruhe hatten und Schwester M. Juliana Wundfieber bekam, mußten wir sie nach ein paar Tagen mit der verwundeten Schwester M. Veronika in das Krankenhaus in Sorau geben. Nach der Genesung blieben sie dort und halfen bis zur Aussiedlung bei den Kranken. Ich blieb weiter allein im Pfarrhaus, weil Herr Kaplan Schubert auch mit abtransportiert worden war und nur der alte Herr Geistliche Rat Ponsens da war, der eine Zeitlang nicht gehen konnte. Weil aber viele Sterbende in der Stadt waren, habe ich ihnen oft die heilige Kommunion bringen dürfen. Auch den beiden verwundeten Schwestern habe ich mehrmals die heilige Kommunion ins Krankenzimmer gebracht. Herr Rat gab mir die Burse, ich ging in Begleitung einer Frau und habe den Sterbenden die Sterbegebete vorgebetet und sie so auf den Tod vorbereitet.
Als das Schreckliche mit Schwester M. Edelburgis passierte, war ich erst ein halbes Jahr als Oberin in der Filiale stationiert. Sie war als ambulante Pflegeschwester tätig und eine Ordensschwester nach dem Herzen Gottes. Zum Begraben suchten wir den besten Platz aus, nämlich am Hauptportal der Kirche. Das Grab wurde mit roten Blumen bepflanzt als äußeres Zeichen des vergossenen Martyrerblutes; denn als Martyrin ist sie gewiß gestorben.“ (Engelbert, Geschichte. Bd. 3, 92f.)