Graue Schwester
* 9. April 1916 Neisse-Oberneuland
† 11. Mai 1945 Zöptau (Kr. Mährisch-Schönberg)
Als Älteste von vier Kindern des Schreiners Karl-Eduard Jahn (9.11.1895-17.5.1956) und seiner Ehefrau Bertha, geb. Klein (14.2.1897-16. 11.1970), wurde Magdalena J. am 9.4.1916 in Neisse-Oberneuland geboren und einen Tag später in der Pfarrkirche St. Johannes der Täufer zu Neisse-Mittelneuland auf den Namen Magdalena getauft. Die Volksschule in Oberneuland besuchte sie von 1922 bis 1930. Die erste hl. Kommunion empfing sie im Jahre 1930 in Neisse-Mittelneuland. Von 1930 bis 1933 arbeitete sie in einem privaten Obstanbau-Betrieb in Neisse. Da der Vater aus wirtschaftlichen Gründen 1926 nach Herne in Westfalen umgezogen war, zog die Mutter mit ihren Kindern Lucia (* 3.3.1920), Erwin (15.5.1923-18.3.1988) und Helmut (* 12.5.1926) am 24.12.1926 nach. Magdalena blieb jedoch vorerst in Oberneuland und folgte erst zur Jahreswende 1934/35 nach Herne. Sie arbeitete in [Wuppertal-]Barmen als Hausgehilfin in einem kath. Gesellenhaus, das von Ordensschwestern geleitet wurde. Zugleich schloß sie sich der Jungfrauen-Kongregation in der Pfarre St. Bonifatius in Herne an. Als sie 1935/36 nach Neisse zurückkehrte, betreute sie in ihrem Geburtshaus die Eigentümerin und deren blinde Schwester.
Mit knapp 22 Jahren, am 30.3.1938, trat sie in die Kongregation der Schwestern von der hl. Elisabeth ein. Am folgenden 3.10., als sie in das Noviziat aufgenommen wurde, erhielt sie den Ordensnamen Paschalis. Nach einem Bericht über die an diesem Tag erfolgte Einkleidung, den sie im Januar 1939 aufgesetzt hatte, schrieb sie an ihre Eltern: „Nun gehören wir nicht mehr der Welt an, sondern ganz und gar nur noch unserem himmlischen Bräutigam“. Am 19.10.1939 legte sie ihre erste Profeß ab. Während sie von 1939-1942 in den Niederlassungen in Kreuzburg und Leobschütz tätig war, diente sie ab April 1942 den alten und kranken Schwestern in Neisse als Köchin. Wie aus einem Brief an ihre Eltern nach Allerseelen 1944 hervorgeht, ahnte sie bereits das Dunkel, das über ihr Land kommen werde: „Allerseelen ist schon wieder vorbei. Vielleicht betet man nächstes Jahr an dem Tage auch für unsere armen Seelen. Unzählige werden in der Erde liegen, die noch gar nicht ans Sterben dachten, welche noch jung und gesund waren. Der Mensch denkt, Gott lenkt.“ Einen Monat später heißt es in einem Brief an die Eltern: „Ja, ja das alte Jahr hat viel Kummer und Elend auf die Menschheit gebracht, und das neue Jahr scheint noch viel schlimmer zu werden. Jetzt müssen auch wir uns auf das Schlimmste gefaßt machen. (...) Aber wir wollen den Mut nicht sinken lassen. Stehen ja alle in Gottes Hand. Nichts geschieht ohne seinen Willen.“
Ihrer Oberin gehorchend, floh Sr. Paschalis beim Anmarsch der russischen Truppen auf Neisse aus dem Kloster. Zusammen mit Sr. M. Fides kam sie nach Zöptau (Kreis Mährisch-Schönberg) im Sudetengau (heute Tschechei), wo aber die russischen Truppen im Mai 1945 auch eintrafen. Auf Anordnung von Pfr. Bruno Esch kamen die beiden Nonnen zu einer Flüchtlingsgruppe, die sich im Dorf aufhielt. Die älteren Schwestern, die dabei waren, wollten sie vor der Grausamkeit der Soldaten schützen. Über ihren heldenhaften Blutzeugentod liegt uns ein Augenzeugenbericht des Pfarrers von Zöptau vor: „Über den Tod von Schwester Maria M. Paschalis muß ich noch berichten. Sie stammte aus dem St.-Elisabeth-Haus in Neiße und wohnte mit Sr. Maria M. Fides bei Familie Thiel. Als die Russen ins Dorf kamen, schlossen sie sich den anderen Ordensfrauen an, die im Schulgebäude die alten Leute betreuten. Am Freitag, dem 11. Mai, kam ein Russe mit dem Fahrrad an der Schule vorbei. Er hielt und betrat das Gebäude. Schwester M. Paschalis wollte gerade die Treppe hinuntergehen. Erschreckt lief sie in das Zimmer zurück, wo sich die alten Leute aufhielten, zum Teil lagen sie in Betten. Im nächsten Augenblick riß der Rotgardist die Tür auf und forderte die junge Schwester auf, ihm zu folgen. Gefaßt sprach sie: ,Ich gehöre Christus‘ und wies auf ihr Kreuz am Rosenkranz hin. Der Soldat faßte sie an den Armen. Die Schwester riß sich los und lief auf die andere Seite des Tisches. Der Russe gab einen Schuß in die Zimmerdecke ab. Als er die Schwester nochmals aufforderte, mit ihm zu kommen, erwiderte sie entschlossen: ,Erschießen Sie mich, Christus ist mein Bräutigam, nur ihm gehöre ich!‘ Sie kniete nieder, nahm das Kreuz in die Hand, küßte es und betete: ,Ich bitte alle um Verzeihung, sollte ich ihnen weh getan haben. Mein Jesus, gib mir die Kraft zu sterben‘ – Der Russe schoß. Die Schwester fiel nach hinten und war sofort tot.
Der Mörder verließ eiligst das Zimmer, er rannte, als wäre der Satan hinter ihm her.
Voll innerer Ergriffenheit habe ich die junge Schwester an der Friedhofsmauer gegenüber der Sakristei der Zöptauer Kirche begraben.
Dies zum bleibenden Andenken an das tapfere Sterben der Schwester Maria M. Paschalis.“ (Aus: W. Richter [Hrsg.], Letzte Tage im Sudetenland [München 21989] 253).
Während der Beerdigung in Zöptau ist die tapfere Schwester in Gegenwart von drei Priestern, den Grauen Schwestern und vielen Gläubigen ein zweiter hl. Aloisius genannt und der Jugend als nachahmenswertes Beispiel vorgestellt worden. Die Augenzeugen ihres Martyriums bewunderten ihren Mut, ihre Standfestigkeit und ihre Kraft. Oft kommen Gruppen von Jugendlichen an ihr Grab und bitten um Fürsprache bei Gott. In der Kongregation der Grauen Schwestern wird ihr Andenken als Martyrerin hochgehalten. Ständig wächst ihre private Verehrung. Sowohl in der Kongregation als auch in der Pfarre St. Johannes der Täufer hat man angefangen, um ihre Seligsprechung zu beten. Der Diözesanprozess für Sr. Paschalis und ihre neun Gefährtinnen wurde am 26.9.2015 in Breslau abgeschlossen.